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Stockwerk­eigentum in der Schweiz

22.03.2024
Modernes Mehrfamilienhaus mit heller Fassade

Autor/-in

Cyrill Lanz

Kategorien

  • Markt
  • Kauf

Seit den 60er Jahren spielt die rechtliche Konstruktion des Stockwerkeigentums eine zentrale Rolle auf dem Schweizer Immobilienmarkt. Sie eröffnet vielen Menschen lohnende Investitions- und Wohnmöglichkeiten, geht aber auch mit besonderen Herausforderungen und Dynamiken einher. Entsprechend wichtig ist es, sich vor einem Kauf genau mit der Rechtslage und ihren praktischen Auswirkungen auf die Eigentümergemeinschaft auseinanderzusetzen. Nur so ist die reibungslose Verwaltung der gemeinschaftlich genutzten Immobilie möglich und nur so lässt sich das Potenzial dieser Eigentumsform voll ausschöpfen.

Begründung von Stockwerkeigentum, rechtliche Grundlagen und Wertquote – die wichtigsten Informationen im Überblick

Stockwerkeigentum ist eine Sonderform des Miteigentums, bei dem der Käufer einen Anteil am Grundstück sowie am ganzen Gebäude erwirbt. Mit dem Erwerb verbunden ist das Sonderrecht, bestimmte Einheiten des Gebäudes ausschliesslich zu nutzen und baulich zu verändern. Zu diesen Einheiten gehören in sich geschlossene Wohnungen mit eigenem Zugang, aber auch Nebenräume wie Keller, Waschküchen, Estriche und Garagen. Die Begründung des Stockwerkeigentums erfolgt gem. Art. 712d ZGB im Grundbuch. Hier ist der entsprechende Anteil (Wertquote) festgehalten, der eine zentrale Rolle bei der Verteilung der Kosten, den Einlagen in den Erneuerungsfonds und dem Stimmrecht bei Entscheiden der Gemeinschaft spielt.

Die Höhe der Wertquote richtet sich nicht nur nach der Fläche der Einheit. Hier spielen auch noch weitere Faktoren wie die Lage, die Ausrichtung und Aussicht, die Höhe über dem Boden, der Grundriss und die Zugänglichkeit eine Rolle. Die Berechnung, respektive Aufteilung der Wertquote erfolgt in der Regel durch den Ersteller des Baus oder einen durch ihn beauftragten Dritten.  Eine bestehende Aufteilung der Wertquoten ist zu einem späteren Zeitpunkt nur durch eine vertragliche Übereinkunft aller Stockwerkeigentümer (Einstimmigkeit) oder aufgrund eines richterlichen Gestaltungsurteils, möglich.

Räume bzw. Flächen ohne Sonderrecht sind gemeinschaftliche Teile und werden von allen Stockwerkeigentümerinnen und Stockwerkeigentümern gemeinsam genutzt.

Aufteilung des Stockwerkeigentums

Beim Stockwerkeigentum unterscheidet man zwischen Bauteilen im Sonderrecht und gemeinschaftlichen Bauteilen. Auf den Gebäudeversicherungsneuwert bezogen sind in etwa 60 bis 70 % gemeinschaftliche Bauteile.

Gemeinschaftliche Bauteile

  • Grundstück
  • Zufahrt
  • Vorplätze
  • Spielplätze
  • Bepflanzung
  • Tragende Mauern und Stützmauern
  • Trennwände zwischen gemeinsam genutzten Räumen
  • Dachwerk
  • Fassade
  • Treppenhaus
  • Eingänge
  • Aufzug
  • Zentralheizung
  • Rohwerk der Böden und Decken
  • Leitungen für Strom, Wasser und Gas

Bauteile im Sonderrecht

  • Innere Zwischenwände, sofern sie keine tragende Funktion haben
  • Beläge der Fussböden und der Deckenverputz
  • Deckenverkleidungen innen
  • Im Sonderrecht stehende Räume
  • Türen (ausgenommen die Seite gegen gemeinschaftliche Teile)
  • Einbauschränke
  • Küchen-, Bade- und Toiletteneinrichtungen

Eine Stockwerkeigentümerin oder ein Stockwerkeigentümer darf gemeinschaftliche Bauteile, Anlagen und Einrichtungen in keiner Weise beschädigen. Die eigenen Räume muss er zudem so unterhalten, wie es zur Erhaltung des Gebäudes in einwandfreiem Zustand und gutem Aussehen erforderlich ist.

Handwerker mit weissen Handschuhen fügt neues Fenster ein

Die rechtliche Situation bei Stockwerkeigentum

Grundsätzlich haben Stockwerkseigentümer das Recht, in ihrer Wohnung und evtl. vorhandenen Nebenräumen nach eigenem Ermessen zu handeln. Das bedeutet, dass sie Anpassungen an der Wohnung vornehmen, die Raumaufteilung verändern und die Inneneinrichtung nach persönlicher Vorliebe gestalten können – vorausgesetzt, dass die Massnahmen keine Auswirkungen auf die gemeinschaftlichen Teile des Gebäudes haben.

Da die äusseren Bauteile im gemeinschaftlichen Eigentum stehen, kommt dort nur das Sondernutzungsrecht zum Einsatz. Das erlaubt zwar die alleinige Nutzung, jedoch ist man als einzelner Stockwerkseigentümer nicht berechtigt, es ohne Zustimmung der Gemeinschaft baulich zu verändern. Auch bei allen anderen Fragen, ist man an das bestehende Reglement gebunden, in dem alle mit dem Stockwerkeigentum verbundenen Rechte und Pflichten festgehalten sind. Verbietet es zum Beispiel die Haltung von Hunden, muss man sich daran halten.

Nebst dem Reglement findet normalerweise einmal jährlich eine Eigentümerversammlung statt, auf der über neue Beschlüsse abgestimmt wird. Am besten informiert man sich vor dem Kauf über die letzten Protokolle der vergangenen Eigentümerversammlungen. Wurde damals eine Renovation der Fassade beschlossen, so ist man als neuer Eigentümerin an diesen Beschluss gebunden und müssen sich an den Kosten beteiligen. Falls der Erneuerungsfonds dabei nicht ausreicht, wird der zusätzliche Anteil je nach Wertquote ausgerechnet. Das bedeutet, dass kleinere Wohneinheiten einen geringeren Beitrag zu den gemeinschaftlichen Investitionen leisten müssen als grössere.

Was passiert bei Streitigkeiten?

Das Stockwerkeigentum in der Schweiz ist im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) geregelt. Bei Streitigkeiten innerhalb einer Stockwerkeigentümergemeinschaft und in Bezug auf das Prinzip der Einstimmigkeit gibt es einige wichtige Aspekte zu beachten:

  • Prinzip der Einstimmigkeit: Gemäss Artikel 712a ZGB müssen Entscheidungen, die alle Stockwerkeigentümer betreffen, einstimmig getroffen werden. Dies gilt insbesondere für Änderungen am Reglement und wichtige Angelegenheiten, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen.
  • Reglement: Das Reglement bildet die Grundlage für das Zusammenleben in einer Stockwerkeigentümergemeinschaft. Es kann Regeln für die Nutzung und Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums enthalten. Verstösst ein Eigentümer gegen diese Regeln, können andere Eigentümer Massnahmen ergreifen.
  • Mehrheitsbeschlüsse: In einigen Angelegenheiten kann die Mehrheit der Stockwerkeigentümer entscheiden. Dies betrifft vor allem Aspekte, die nicht das gesamte gemeinschaftliche Eigentum betreffen und nicht im Reglement einstimmig geregelt sind.

Wenn ein Einzelner gegen das Reglement verstösst, können die anderen Eigentümer rechtliche Schritte unternehmen. Dies kann beispielsweise eine gerichtliche Klage zur Durchsetzung der Regeln oder zur Wiederherstellung der Ordnung sein. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die genaue Vorgehensweise und mögliche Sanktionen stark von den spezifischen Umständen und den Regelungen im Reglement abhängen können.

Es wird empfohlen, bei Streitigkeiten innerhalb einer Stockwerkeigentümergemeinschaft professionelle rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um die besten Massnahmen entsprechend der spezifischen Situation zu klären.

Die Bedeutung der Revision beim Stockwerkeigentum

Die finanziellen und buchhalterischen Aspekte der Stockwerkeigentümergemeinschaft müssen regelmässig überprüft werden. Dies geschieht auf dem Wege der Revision. Dabei wird sichergestellt, dass die finanziellen Mittel ordnungsgemäss verwaltet und die gesetzlichen Vorschriften sowie die Bestimmungen des Reglements eingehalten werden. Die Revision trägt zur Transparenz und Vertrauensbildung innerhalb der Gemeinschaft bei. Übernommen wird diese Aufgabe vom Revisor.

Die Wahl des Revisors erfolgt normalerweise auf der jährlichen Versammlung der Stockwerkeigentümer, auf der verschiedene Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem gemeinsamen Eigentum besprochen und Entscheidungen getroffen werden. Wichtig ist dabei, dass der Revisor unabhängig und neutral ist. Nur so kann die Integrität der Revision gewährleistet werden. Hierzu gehört unter anderem, dass er keine direkten Interessenkonflikte mit den finanziellen Angelegenheiten der Gemeinschaft hat.

Es empfiehlt sich, die genauen Verfahren und Anforderungen für die Auswahl eines Revisors im Reglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft zu überprüfen. Gegebenenfalls können auch rechtliche Berater oder Immobilienexperten konsultiert werden, um sicherzustellen, dass die Wahl des Revisors den gesetzlichen Anforderungen und den Bedürfnissen der Gemeinschaft entspricht.

Welche Kosten fallen an?

Im Gegensatz zum Einfamilienhaus verteilen sich die Unterhalts- und Betriebskosten sowie die Kosten für das Grundstück auf mehrere Parteien. Das heisst, man erwirbt beim Kauf das Miteigentum an der gesamten Liegenschaft sowie die Sonderrechte für die eigene Wohnung und die dazugehörigen Nebenräume (z.B. Keller oder private Waschküche). Der detaillierte Anteil wird im Grundbuch festgehalten und spielt für die Verteilung der Kosten eine zentrale Rolle.

Die Eigentümer zahlen üblicherweise monatliche oder jährliche Vorauszahlungen, auch als Hausgeld bekannt, um die laufenden Betriebskosten zu decken. Am Ende des Abrechnungszeitraums erfolgt eine genaue Abrechnung, und es wird festgestellt, ob zusätzliche Zahlungen erforderlich sind oder eine Rückzahlung erfolgt.

Die Verwaltung der Nebenkosten wird oft von einer Verwaltungsgesellschaft übernommen. Diese erstellt eine jährliche Abrechnung, die den Eigentümern einen Überblick über die angefallenen Kosten gibt. Die Betriebskosten können verschiedene Posten umfassen, wie z.B. Reinigung, Versicherungen, Instandhaltung, Verwaltungskosten oder Müllentsorgung.

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Besonderheiten beim Verkauf von Stockwerkeigentum

Es gibt einige Besonderheiten, die beim Verkauf von Stockwerkeigentum zu beachten sind. Zunächst ist hier das Vorkaufsrecht zu nennen. Gemäss Artikel 712b des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) haben die übrigen Stockwerkeigentümer ein Vorkaufsrecht, wenn ein Miteigentumsanteil veräussert werden soll. Dies bedeutet, dass sie unter den gleichen Bedingungen, zu denen der Verkäufer bereit ist zu verkaufen, den Miteigentumsanteil erwerben können. Die anderen Eigentümer müssen ihre Absicht, von diesem Recht Gebrauch zu machen, innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich mitteilen.

Es ist üblich, den Verkauf eines Miteigentumsanteils auf der jährlichen Eigentümerversammlung bekannt zu geben. Die anderen Eigentümer haben dort die Möglichkeit, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen. Wenn die anderen Eigentümer ihr Vorkaufsrecht nicht ausüben, kann der Verkauf an Dritte erfolgen. In der Regel steht dem Verkäufer der gesamte Verkaufserlös zu. Bei einem Verkauf an einen Dritten muss der neue Eigentümer jedoch in die Gemeinschaft eingeführt und vom Verwalter akzeptiert werden.

Erneuerungsfonds Stockwerkeigentum

Eigentümer von Eigentumswohnungen sind automatisch Stockwerkeigentümer und damit auch Mitglieder der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Diese ist für den Unterhalt und Ersatz der gemeinschaftlichen Bauteile (Umgebung, Gebäudehülle, Lift oder und Gebäudetechnik) verantwortlich und muss für die dadurch anfallenden Kosten bei der Sanierung dieser Bauteile aufkommen. Dafür können die Miteigentümer regelmässig Geld in einen Erneuerungsfonds einlegen. Der jährlich einzuzahlende Betrag wird in der Regel aufgrund der Wertquote festgelegt. Die Bildung eines Erneuerungsfonds ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, jedoch sehr zu empfehlen.

Grundsätzlich wird die Höhe der jährlichen Einlagen in den Erneuerungsfonds durch die Stockwerkeigentümergemeinschaft festgelegt. Aufgrund des heutigen Wissensstandes sind jährliche Einlagen in der Höhe von 0,8 bis 1 % des Gebäudeversicherungsneuwertes (GV-Neuwert) empfehlenswert.

Das im Erneuerungsfonds enthaltene Kapital gehört zum Vermögen der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Beim Verkauf einer Eigentumswohnung kann sich der Verkäufer den eigenen Anteil im Erneuerungsfonds somit nicht auszahlen lassen. Dieses Kapital geht automatisch auf die neue Eigentümerschaft über.

Hinweise

  • Vor dem Kauf einer Eigentumswohnung sollte die Höhe des Anteils am Erneuerungsfonds abgeklärt werden und der an der Liegenschaft vorhandene Unterhaltsbedarf abgeschätzt werden. Hierzu lohnt es sich, eine Expertin oder einen Experten hinzuzuziehen.
  • Das Kapital im Erneuerungsfonds sollte von den Stockwerkeigentümern nicht für die Bezahlung von laufenden Unterhaltsarbeiten verwendet werden, da sonst das Geld für die grossen und zyklischen Sanierungen fehlt.
  • Wichtig ist auch, dass die Stockwerkeigentümergemeinschaft bereits von Anfang an einen angemessenen Betrag (0,8 bis 1 % des Gebäudeversicherungsneuwertes) in den Erneuerungsfonds einbezahlt.

Fazit

In der Schweiz, wo eine hohe Nachfrage nach Wohnraum besteht, bietet das Stockwerkeigentum eine praktische Möglichkeit für Menschen, Eigentum zu erwerben, ohne ein ganzes Gebäude kaufen zu müssen. Dies fördert eine effiziente Nutzung des verfügbaren Raums und ermöglicht gleichzeitig eine klare rechtliche Struktur für die Verwaltung und Instandhaltung von gemeinsamen Ressourcen. Im Interesse einer reibungslosen Vermietung der Immobilien ist es aber besonders wichtig, konstruktiv mit der Eigentümergemeinschaft zusammenzuarbeiten und ausreichende finanzielle Ressourcen für die Instandhaltung bereitzuhalten.

FAQs zum Stockwerkeigentum

Wie ist die Situation beim Vorkaufsrecht bei Stockwerkeigentum?

Gemäss Artikel 712b ZGB haben die Stockwerkeigentümer das Vorkaufsrecht, wenn ein Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum veräussert werden soll. Das Vorkaufsrecht bedeutet, dass die anderen Stockwerkeigentümer unter den gleichen Bedingungen, zu denen der Verkäufer bereit ist zu verkaufen, das Angebot haben, den Miteigentumsanteil zu erwerben. Dies soll den übrigen Eigentümern die Möglichkeit geben, das gemeinsame Eigentum zu erweitern oder zu verhindern, dass Dritte als neue Miteigentümer in die Gemeinschaft eintreten.

Es ist wichtig zu beachten, dass das Vorkaufsrecht nicht automatisch ausgeübt wird. Die übrigen Eigentümer müssen ihre Absicht, von diesem Recht Gebrauch zu machen, innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich mitteilen.

Artikel 712c ZGB legt fest, dass die übrigen Stockwerkeigentümer, die ihr Vorkaufsrecht ausüben möchten, die vereinbarten Bedingungen des Kaufvertrags erfüllen müssen. Sie müssen dem Verkäufer den gleichen Preis zahlen und sich den gleichen Bedingungen unterwerfen, die mit einem Dritten vereinbart wurden.

Was ist, wenn Änderungen am äusseren Erscheinungsbild des Objekts vorgenommen werden?

Umbaumassnahmen der eigenen Wohnung (z. B. Fenster) sind von der Gunst der Nachbarn abhängig. Grundsätzlich unterscheidet das schweizerische Recht bei baulichen Massnahmen zwischen notwendigen, nützlichen und luxuriösen Massnahmen, für die unterschiedliche Zustimmungserfordernisse der Gemeinschaft gelten. Alle gesetzlichen Regeln zum Stockwerkeigentum finden sich in Art. 712a ff ZGB (Stockwerkeigentum) mit Verweisen auf das Miteigentum (Art. 646 ff ZGB) sowie das Vereinsrecht (Art. 60 ff ZGB).

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